Rentensparer müssen einseitige Anpassungen des Rentenfaktors durch private Rentenversicherer nicht akzeptieren. Mit Beschluss vom 10. Dezember 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine entsprechende Klausel der Allianz für unwirksam eingestuft (Az. IV ZR 34/25). Ausgangspunkt war eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2025 (Az. 2 U 143/23), das bereits eine Treuhänderklausel zur Rentenfaktor-Anpassung verworfen hatte. Laut der nun veröffentlichten Pressemitteilung Nr. 227/2025 wies der BGH das einseitige Kürzungsrecht wegen Verstößen gegen § 308 Nr. 4 und § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zurück. Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer, die zuvor vor dem Amtsgericht Reinbek und dem Landgericht Berlin verbraucherfreundliche Urteile zu Rentenfaktor-Kürzungen erzielt hatte, bewertet die Entscheidung als richtungsweisend für die gesamte Branche und empfiehlt Betroffenen, ihre Verträge über den kostenlosen Rentenfaktor-Online-Check überprüfen zu lassen.
Was der BGH zur Rentenfaktor-Klausel festgestellt hat
Im vorliegenden Fall betraf die Entscheidung fondsgebundene Riester-Renten der Allianz. Die Höhe der monatlichen Rente ergibt sich dort aus einem im Versicherungsschein festgelegten Rentenfaktor. Dieser Faktor gibt an, welche Rente je 10.000 Euro Vertragswert ausgezahlt wird und basiert auf Zinsannahmen sowie der prognostizierten Lebenserwartung der Versicherten.
Die vom BGH geprüfte Klausel ermöglichte der Allianz, bei steigender Lebenserwartung oder dauerhaft niedrigen Renditen den Rentenfaktor zu senken und damit die monatliche Rente zu reduzieren. Eine Verpflichtung, den Rentenfaktor bei späteren Verbesserungen erneut anzuheben, sah die Klausel jedoch nicht vor.
Zentrale Aussagen des BGH:
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Die Klausel räumt dem Versicherer ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 308 Nr. 4 BGB ein.
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Ein solches Recht sei für Versicherte nicht zumutbar, wenn es ausschließlich nach unten wirke und Verbesserungen nicht berücksichtigt werden.
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Der BGH hebt ein notwendiges Gleichgewicht hervor: Wenn der Versicherer Verschlechterungen anpasst, müssen auch positive Entwicklungen an die Kunden weitergegeben werden.
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Aufgrund dieser fehlenden Symmetrie benachteiligt die Klausel die Versicherten unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie ist daher unwirksam.
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Die Allianz kann sich bei Riester-Verträgen aus dem Zeitraum Juni bis November 2006 nicht mehr auf diese oder vergleichbare Klauseln stützen. Das Urteil des OLG Stuttgart wurde insoweit bestätigt.
Warum die Entscheidung weit über die Allianz hinaus wirkt
Nach Einschätzungen der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sowie verschiedener Medien sollen zahlreiche Lebensversicherer ähnliche Rentenfaktor-Klauseln verwendet haben. Dies betrifft auch Verträge der betrieblichen Altersversorgung sowie andere private Rentenversicherungen.
Medienberichten zufolge könnten eine sechs- bis siebenstellige Zahl von Rentensparern von bisherigen oder geplanten Kürzungen betroffen sein. In weiteren Verfahren wird beispielsweise gegen Zurich vorgegangen; das Landgericht Köln hatte eine vergleichbare Klausel bereits beanstandet, bevor der Versicherer seine Berufung aufgab.
Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer ordnet den BGH-Beschluss als wichtigen Schritt in einer Entwicklung ein, die bereits seit mehreren Jahren durch verbraucherfreundliche Urteile geprägt ist:
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Das OLG Stuttgart hatte am 30. Januar 2025 (Az. 2 U 143/23) eine Allianz-Treuhänderklausel zur Rentenfaktor-Kürzung für unwirksam erklärt. Der BGH bezieht sich ausdrücklich auf dieses Urteil.
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In Verfahren der Kanzlei waren bereits das Amtsgericht Reinbek (Urteil vom 10. Juli 2024, Az. 14 C 473/23) und das Landgericht Berlin (Urteil vom 30. April 2025, Az. 4 O 177/23) zu vergleichbaren Ergebnissen gelangt.
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Die aktuelle BGH-Entscheidung bestätigt diese Linie nun auf höchstrichterlicher Ebene und schafft eine klare Orientierung für zukünftige Auseinandersetzungen.
Juristische Bewertung durch Dr. Stoll & Sauer: Handlungsbedarf für Verbraucher
Nach Einschätzung der Kanzlei verdeutlicht der BGH, dass der Rentenfaktor ein wesentliches Leistungsversprechen darstellt und nicht einseitig zu Lasten der Versicherten verändert werden darf. Personen, die eine fondsgebundene Riester- oder andere Rentenversicherung abgeschlossen haben, sollten prüfen lassen, ob ihr Vertrag von einer unzulässigen Rentenfaktor-Kürzung betroffen ist.
Wesentliche Hinweise für betroffene Versicherte:
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Primär betroffen sind ältere fondsgebundene Riester-Policen der Allianz vor 2013.
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Jedoch können auch andere Versicherer ähnliche Klauseln eingesetzt haben, etwa in der betrieblichen Altersversorgung oder in weiteren fondsgebundenen Rentenprodukten.
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Ist eine Klausel unwirksam, entfällt die Grundlage für erfolgte Kürzungen. Es kommen Ansprüche auf Rücknahme der Anpassung, Neuberechnung und gegebenenfalls Nachzahlung in Betracht.
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Versicherte sollten mögliche Verjährungsfristen beachten und zeitnah handeln, insbesondere wenn ihnen in der Vergangenheit Kürzungsschreiben zugegangen sind.
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Die Kanzlei plant, laufende und zukünftige Verfahren auf Basis der BGH-Entscheidung weiterzuführen und die bisherigen Urteile aus Reinbek und Berlin gezielt einzusetzen.
Kostenlose Erstprüfung im Rentenfaktor-Online-Check
Versicherte, deren Rentenfaktor in einer Riester-, Basis- oder anderen fondsgebundenen Rentenversicherung gesenkt wurde oder die entsprechende Mitteilungen erhalten haben, können ihre Unterlagen im Rentenfaktor-Online-Check von Dr. Stoll & Sauer kostenfrei prüfen lassen.
Der Online-Check umfasst:
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Analyse der Vertragsunterlagen und Versicherungsbedingungen auf kritische Klauseln
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Abgleich mit der aktuellen Rechtsprechung des BGH, des OLG Stuttgart sowie den erstinstanzlichen Urteilen
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Einschätzung der Erfolgsaussichten und möglicher Ansprüche auf Nachzahlung oder Anpassung
Die Ersteinschätzung erfolgt digital, ist unverbindlich und für Verbraucher kostenlos.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH/Veröffentlicht am 10.12.2025











